Impulsivität – Über die Notwendigkeit einer Integration

„Nimm doch nicht immer alles persönlich“ oder „Beruhige dich erst einmal, du bist einfach zu impulsiv“ dürfte wohl fast jeder schon gesagt bekommen oder selbst gesagt haben. Mit diesen  oder ähnlichen Sätzen drückt sich eine gesellschaftliche Norm aus, die ein überlegtes, rationales Handeln einem emotionalem Handeln gegenüber vorzieht. Ich möchte sogar behaupten, dass diese Norm soweit in uns verankert ist, dass sie einen Großteil unserer inneren Dialoge und inneren Konflikte ausmacht. Es braucht also irgendwann niemanden mehr, der uns auf diese Norm hinweist.
Es ist ohne Frage eine große Kulturleistung, nicht gleich auf alles unmittelbar zu reagieren, sondern erst nach einer der Situation angemessenen Antwort zu suchen und sich bewusst, unter Einbezug der möglichen Konsequenzen für eine Handlungsweise zu entscheiden. Warum es außerdem meist von großem Vorteil ist, die unmittelbare Befriedigung unserer Bedürfnisse aufzuschieben, brauche ich sicher auch nicht weiter zu erklären.
Diese Normen sind aber nur dann unproblematisch, solange wir den Kontakt zu unseren ursprünglichen Impulsen und Bedürfnissen nicht verlieren. Die eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahrzunehmen und sein Leben auch nicht mehr nach den eigenen Bedürfnissen auszurichten ist aber leider ein sehr häufiges Phänomen in unserer Gesellschaft und eine der häufigsten Ursachen für psychische Symptombildung und Störungen. Auf der anderen Seite macht sich dies auch auf einer gesellschaftlichen Ebene bemerkbar. Ein zu langes Nachdenken verhindert oft, dass wir unsere Bedürfnisse und Kritik überhaupt äußern. Der Impuls zu handeln, lässt bei zu langem Zögern immer weiter nach und bleibt dann leider oft ganz aus. Dies führt zu Stagnation und einer Gesellschaft die zu lange an Altem und Ungesundem festhält.
Keiner setzt sich gern ins Fettnäpfchen, aber eigentlich sind wir doch alle heimlich dankbar und hoffen sogar darauf, dass jemand seinen spontanen Impulsen nachgibt und somit einen Raum für Veränderung schafft. Auch wenn diese erst einmal unüberlegt und unverhältnismäßig sein mögen.

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