Über den Umgang mit Konflikten zum Weihnachtsfest

Was kann man tun, wenn das bevorstehende Weihnachtsfest das partnerschaftliche Zusammenleben wieder stark auf die Probe stellt und uns gleichsam wie ein Seismograph alle verborgen gebliebenen Konflikte auf dem Silbertablett serviert?


Grundsätzlich denke ich, dass für alle Menschen die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel eine emotional stark aufgeladene Zeit sind und Konflikte in solchen Zeiten eher die Normalität als die Ausnahme darstellen. Da kann es beruhigen, dass Forscher herausgefunden haben, dass Paare die Konflikte bewusst und konstruktiv lösen, im Durchschnitt länger zusammenbleiben, als Paare die Konflikte vermeiden oder scheinbar gar keine haben. Ich möchte also an dieser Stelle meine erste Empfehlung aussprechen: Nutzen Sie die Feiertage, sich bewusst mit ihrem Partner und ihrer Partnerschaft auseinanderzusetzen. Nehmen Sie Konflikte als Anlass, über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen und verhandeln Sie gegebenenfalls bereits getroffene Absprachen neu.


Da wir Menschen oft viel zu sehr auf die negativen Dinge schauen und auf das, was nicht gut funktioniert, könnte das Jahresende auch ein guter Anlass sein, unserem Denken ein Gegengewicht zu setzen. Schauen Sie mit ihrem Partner auf das, was Sie im vergangenen Jahr gemeinsam geschafft und an schönen Dingen erlebt haben und geben Sie ihm eine Rückmeldung darüber, was Sie besonders an ihm mögen. Haben Sie dabei vor allem einen Blick auf die kleinen, scheinbar alltäglichen Dinge. Ein kleines für Sie passendes Ritual kann dabei helfen, diesen Moment bewusster zu erleben und später auch zu erinnern, wenn der Alltag Sie wieder gefangen hält.


Konflikte entstehen sehr häufig aus Kommunikationsfehlern. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass im Laufe der ganzen Weihnachtsvorbereitungen nicht darüber gesprochen wird, wie jeder Einzelne am liebsten die kommenden Feiertage verbringen möchte. Aufgrund der gemeinsamen Weihnachtsfeste in den Vorjahren und der vielen Jahre, die man sich schon zu kennen meint, geht man vorschnell davon aus, man wisse wie der andere gern das Weihnachtsfest verbringen möchte. Ohne den anderen aber genau zu befragen, schließt man innerlich Kompromisse oder macht Zugeständnisse auf Kosten der eigenen Wünsche an das gemeinsame Weihnachtsfest. Wenn dann das Fest nicht so verläuft, wie man es sich eigentlich gewünscht hätte, gibt man heimlich dem Partner die Schuld, weil man sich ja nach seinen Bedürfnissen gerichtet hat. Dies wird aber nicht angesprochen sondern äußert sich in schlechter Laune und Gereiztheit. Darauf reagiert nun wieder der Partner, und es entwickelt sich ein Teufelskreis. Der kleinste Anlass genügt dann schon, um „das Fass zum Überlaufen zu bringen“.

Was können Sie tun, um dies zu verhindern? Wenn ein Streit einmal entfacht ist, ist es sicher nicht sinnvoll sich die Schuldfrage zu stellen, weil die meisten Streitigkeiten viel zu komplex sind, als dass es nur eine nachvollziehbare Ursache gibt. Es ist aber meiner Meinung nach immer gewinnbringend, sich selbst danach zu befragen, welchen Anteil man an der Entstehung des Konfliktes hat. Dann sollte man die Position des Partner zu verstehen suchen und erst danach reagieren.
Im Vorfeld lässt sich aber schon eine Menge tun. Als erstes sollte man sich selbst fragen, wie man die Weihnachtsfeiertage am Liebsten verbringen möchte. Die eigenen Wünsche und Erwartungen sind vielen Menschen oft nicht bewusst. Dann sollte man den Partner nach seinen Wünschen befragen. Auch hier lohnt es sich sehr genau hinzuhören, da sich in den Wünschen an das gemeinsame Weihnachtsfest auch generelle Wünsche des Partners an die Partnerschaft ausdrücken können. Dann gilt es gemeinsam zu entscheiden, wie beide Interessen am Besten „unter einen Hut“ zu bekommen sind.
Wenn man dann als Paar oder Kleinfamilie entschieden hat, Weihnachten einmal anders zu verbringen oder gar zu verreisen, kann es passieren, dass die Erwartungen der anderen Familienmitglieder zum Beispiel die der Eltern oder Großeltern enttäuscht werden. Dies kann mitunter zu großen Konflikten und Auseinandersetzungen führen, für die es keine einfache Lösung gibt, weil dahinter meist die Frage steht, wie man sich als junges Paar oder Familie überhaupt gegenüber den Erwartungen und Vorstellungen der Eltern Verhalten soll oder möchte.
Ein erster Schritt kann es sein, genau abzuwägen, welche Erwartungen man gern erfüllen möchte und welche nicht. In einem zweiten Schritt kann dann in der Phantasie einmal durchgespielt werden, welche Konsequenzen es hätte, wenn die ein oder andere Erwartung nicht erfüllt wird. Hierbei ist es wichtig auch das Nichterfüllen der eigenen Erwartungen mit einzubeziehen. Nach einem bewussten Entscheidungsprozess, ist es mitunter ratsam sich zu überlegen, wie man auf direkte oder indirekte Vorwürfe der anderen reagieren möchte. Beziehen Sie dabei ihren Partner als Ratgeber immer mit ein. Der Versuch es allen, inklusive sich selbst, recht zu machen funktioniert nach meiner Erfahrung in den wenigsten Fällen.


Weihnachten kann daher auch zu einem psychologischen Experiment werden, wenn man sich mit den enttäuschten Erwartungen der anderen auseinandersetzt und der Frage nachgeht, wann in seinem Leben man eigentlich die eigenen Vorstellungen und wann die Vorstellungen der anderen zu verwirklichen sucht.


Ich wünsche Ihnen besinnliche Feiertage und einen guten Start ins Neue Jahr.

Norbert Prinz

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