Umgang mit dem Klimawandel

Nach psychoanalytischen Theorien schützt sich das Ich mithilfe der Verleugnung vor unerträglichen Ängsten. Dabei wird das logische Denken außer Kraft gesetzt und die Verbindungen zwischen Gefühlen, Gedanken und Handlungen werden zerstört. Verleugnung macht also letztlich eine angemessene Reaktion auf eine wahrgenommene Gefahr unmöglich.
Delaram Habibi-Kohlen veröffentlichte bereits 2013 die Ergebnisse einer kleinen Studie, bei der sie 15 Psychologie-Studenten im Alter zwischen 21 und 44 Jahren zu ihrem „Umgang mit dem Klimawandel“ befragte. Anhand der Interviews ließen sich nach Habibi-Kohlen zwei Gruppen von Probanden feststellen.
Die erste Gruppe konnte Trauer eher zulassen. Es kamen Wunsch-Phantasien von einem gelungenen Zusammenschluss der Menschen auf und es gab ein Bedauern darüber, keine Verbindung zur Natur mehr zu spüren. Diese Gruppe zeigte auch eine gewisse Toleranz für Widersprüchlichkeiten, für ihre egoistischen Strebungen und ihre Schuldgefühle. Einige Probanden machten durch die Interviews die überraschende Erfahrung, dass sie sich durch das Thema plötzlich berührt fühlten. Sie merkten, dass es wichtig ist, sich Gedanken darüber zu machen, wie Menschen zusammenleben sollten.
Die andere Gruppe, die man auch als Klimawandelskeptiker bezeichnen könnte, lehnte die Wahrnehmung jeglicher Form von Abhängigkeit und die Vorstellung von Verantwortung für die nachfolgenden Generationen eher ab („Ich erlebe das eh nicht mehr“). Sie schätzten den Klimawandel entweder als nicht-existent ein oder waren vorwiegend pragmatisch orientiert z.B. „Häuser weiter oben hin bauen“ (als Schutz vor Hochwasser) bis hin zu der Vorstellung, dass der Klimawandel ja auch Vorteile mit sich bringen kann z.B. könne Deutschland dann ein Urlaubsland werden, während die Malediven untergingen. Das Gut der persönlichen Freiheit wurde von allen Klimawandelskeptikern sehr hoch eingeschätzt und Einschränkungen und phantasierte Verbote als demütigend oder als Gängelei erlebt. Greenpeace erscheint dann beispielsweise als mächtige Organisation, die „nur will, dass man sich schlecht fühlt“ und deshalb bekämpft wird.
„Bei beiden Gruppen von Probanden findet sich jedoch immer wieder eine Art Denk-Stopp, z.B. in Ausrufen wie „das will ich mir lieber nicht ausmalen“, „so genau will ich das gar nicht wissen“ oder auch „ich schalte dann ab“. Eine Probandin sagte, „wenn wir so weit sind (gemeint waren Kriege um Wasser), können wir eh einpacken, dann bricht eh alles zusammen“. Diese Art Denk-Stopp weicht vor der Möglichkeit einer so großen Katastrophe, und der Gefahr, selbst irgendwann persönlich betroffen zu sein aus (Verleugnung). Die Chance auch mit der Katastrophe immer noch weiter denken, fühlen und gestalten zu können wird vergeben.“
Die Studie zeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel neben dem politischen auch ein großes psychologisches Problem ist. Dies stellt eine große Herausforderung für die im Bereich der Psychologie und Psychotherapie tätigen Menschen dar, die uns auch zu besonderer Verantwortung veranlassen sollte.
Quelle: Habibi-Kohler, Delaram:„Klimawandel“ und wieso man sich als Psychoanalytiker damit beschäftigen kann“, unter: https://www.psychoanalyse-aktuell.de (abgerufen am 02.01.2020)

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